Bibliothek, Vol. 171: Des Literarischen Vereins in Stuttgart (Classic Reprint) - Softcover

Excerpt from Bibliothek, Vol. 171: Des Literarischen Vereins in Stuttgart

Hat auch Andreas Gryphius in der deutschen litteratur-geschichte seine hauptbedeutung als erneuerer des deutschen dramas gefunden, so darf doch auch die des lyrikers nicht unterschätzt werden. Sein einfluß erscheint zwar in dieser richtung minder einschneidend und nachhaItig in seinen wirkungen, doch offenbaren auch die lyrischen dichtungen in hohem grade den echten dichter durch den reichtum und die tiefe der gedanken, die blühende, lebendige phantasie und die gewalt über die Sprache. Das urteil von Gervinus über Gryphius: "von Andreas Gryphius ist ein finger poetischer, als der ganze Opitz", bezieht sich nicht zum geringsten teil auf seine lyrik. Eine kritische ausgabe der lyrischen werke ist darum zur volligen würdigung des dichters nicht weniger gerechtfertigt, als die der dramen.

Seine ersten poetischen versuche lagen zwar auf noch anderem gebiete , nämlich dem des epos. Kaum 17 jahre alt und noch Schüler zu Fraustadt, beschäftigte sich Gryphius, als im herbst des jahres 1633 die schule der pest wegen auf einige zeit geschlossen wurde, im hause seines stiefvaters, des pastors Illder, mit abfassung eines lateinischen epos. Es behandelte in 1073 hexametern den bethlehemitischen kindermord und wurde unter dem titel: "Herodis furiae et Rachelis lachrymae" 1634 in Glogau gedruckt.

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